Zeitzeuge am HBG Bruchsal

Als Zweijähriger auf der Todesliste

Überlebender des KZ Theresienstadt berichtet Zwölftklässlern

   Bruchsal (hb). Die Nationalsozialisten erschossen 1942 seinen Vater, seine Mutter starb ein Jahr später im KZ Theresienstadt – und Pavel Hoffmann war mit vier Jahren Vollwaise. Als er zwei Jahre später das Lager unweit seiner Geburtsstadt Prag überlebt hatte, hatten die Nazis fast seine komplette Verwandtschaft ausgelöscht. „Allein 1944 wurden Familienmitglieder aus vier Generationen in Auschwitz ermordet“, erzählte der 75-Jährige jetzt den gebannt zuhörenden Zwölftklässlern des Bruchsaler Heisenberg-Gymnasiums (HBG). „Es ist ein Wunder, dass ich heute hier stehe“, betonte Hoffmann und zeigte den Schülern eine Todesliste des Protektorats Böhmen und Mähren mit jüdischen Bürgern. Auch sein Name war aufgeführt, als Zweijähriger.
   Obwohl den traumatischen Erlebnissen im Dritten Reich ein erfolgreiches Berufsleben folgte – der Wahlschwabe und studierte Nachrichtentechniker war als Hochschuldozent tätig und macht sich in den 90ern Jahren selbstständig -, haben die Bilder aus der Zeit in Theresienstadt Pavel Hoffmann nachhaltig geprägt: „Ich sehe noch heute die Hochbetten vor mir und die Plüschtiere von Kindern, die nach Auschwitz deportiert wurden.“ Zumindest etwas Genugtuung spürt man dem Gast an, als auf der Leinwand ein Bild seiner heutigen Großfamilie zu sehen ist – es zeigt ihn mit seiner Frau umgeben von Kindern, Enkeln sowie seinem „größten Stolz“, einer kleinen Urenkelin. „Ihr seht“, spricht Hoffmann die künftigen Abiturienten direkt an, „Hitler hat sein Ziel nicht erreicht!“
   Der fesselnde Vortrag des Zeitzeugen, gespickt mit Originalbildern und –dokumenten, sowie seine Ausführungen in der anschließenden Fragerunde beeindruckten die Schülerinnen und Schüler tief. Mucksmäuschenstill war es in der Oberstufenbibliothek des HBG und auch danach zeigten sich die jungen Menschen sehr nachdenklich. „Es war meine erste Begegnung mit jemandem, der diese schrecklichen Dinge selbst miterlebt hat – das ist packender als jede noch so gute Dokumentation im Fernsehen“, meinte etwa Moritz Knebel, während sich Regina Huber erstaunt zeigte über die „Offenheit, mit der er über seine Familiengeschichte berichtet hat“. Ähnlich äußerte sich Tim Zwiebler, der zudem auf den großen Lerneffekt verwies, den „die Verbindung zwischen allgemein bekannten geschichtlichen Ereignissen und einem persönlichen Schicksal“ nach sich ziehe.
   Auf einen gesamtgesellschaftlichen Lerneffekt zielte indes Pavel Hoffmann, als er zum Abschluss einen Appell des Autors und Schauspielers Gerd Buurmann wiederholte, den dieser erst am 9. November bei einer Gedenkveranstaltung zur Reichspogromnacht geäußert hatte: „Gebt unseren Kindern und Enkeln keine Zukunft, in der sie unsere Gegenwart als Vergangenheit bewältigen müssen!“
   Der Auftritt Hoffmanns am Bruchsaler Heisenberg-Gymnasium war durch die Vermittlung der Zwölftklässlerin Paula Eckes zustande gekommen, die sich im Rahmen ihres Geschichtskurses mit dem Thema Holocaust beschäftigt und bei ihren Recherchen den in Reutlingen wohnhaften Zeitzeugen kontaktiert hatte. „Es ist uns sehr wichtig, dass sich die Schüler vom reinen Lehrstoff lösen und selbstständig den Blick über den Tellerrand wagen - durch solche Initiativen wird Geschichte fassbar“, lobte Schulleiter Anton Schneider.

 
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