Geduldsprobe als Dauerzustand

Flüchtling wartet 14 Monate nach HBG-Besuch noch immer auf Asylbescheid

Im Oktober 2015 besuchte Adel Darouish das Bruchsaler Heisenberg-Gymnasium und berichtete von seiner Flucht und seinem Leben in einem Containerdorf am Bahnhof Bad Schönborn-Kronau (s. Archiv 2015/2016 - "Wenn die `Balkanroute´ ein Gesicht bekommt"). Damals hoffte er auf ein zügiges Asylverfahren, um „so schnell wie möglich“ Fuß fassen zu können. Doch daraus wurde nichts. Und seit dem Amtsantritt von Donald Trump als US-Präsident hat Adel Darouish ein weiteres Problem.

   Bad Schönborn (hb). Den Satz „Sie müssen Geduld haben“ kann Adel Darouish nicht mehr hören. Seit über 20 Monaten, seit Ende Mai 2015, ist der Philosophiedozent aus Damaskus nun schon in Deutschland. Doch wenn Bundesinnenminister Thomas de Maizière oder Vertreter des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge stolz verkünden, die Bearbeitungsdauer eines Asylantrages hätte sich drastisch verkürzt, kann der 37-Jährige nur müde lächeln. Auf einen Bescheid der zuständigen Behörden wartet er in seinem kleinen Dreibettzimmer in der Gemeinschaftsunterkunft Bad Schönborn-Kronau nämlich bis zum heutigen Tag vergebens. „Die Ungewissheit ist das Schlimmste“, sagt der Syrer und zuckt ratlos mit den Schultern. Zweimal schon erschien er zu Interviews, die als Basis für die Asylentscheidung dienen, zuletzt im September. Passiert ist seither jedoch nichts, obwohl sich Darouish mittlerweile einen Anwalt genommen hat (für den er monatlich 50 Euro berappen muss). In dieser Zeit andere Flüchtlinge kommen und gehen zu sehen, mit der Aufenthaltsgenehmigung in der Tasche, sei „schon frustrierend“ gewesen, gesteht er.  
   Dabei ist der ehemalige Goldschmied niemand, der leicht aufgibt. Er nutzt die unfreiwillige Wartezeit, um seine Deutschkenntnisse zu verbessern und für die Führerscheinprüfung zu lernen, besucht regelmäßig Bibliotheken in Bruchsal und Karlsruhe, klärt Schüler über seine Erfahrungen als Kriegsflüchtling auf und hilft anderen Migranten als Dolmetscher und Ansprechpartner im Alltag.

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   „Mittlerweile kennt mich hier im Containerdorf jeder“, lacht Darouish, der stets ein offenes Ohr für andere hat, egal ob für Mitbewohner, Mitarbeiter der Verwaltung oder Besucher. Sein freundliches Wesen hat er sich bewahrt - trotz der schrecklichen Erlebnisse in seinem Heimatland und auf der sogenannten „Balkanroute“. Weil er auf dem Weg zur Arbeit regelmäßig Leichen umkurven und Gefechtszonen durchfahren musste und sein Stadtviertel Gefahr lief zwischen Kämpfern des Islamischen Staates und der syrischen Armee – die seine Wohnung mittlerweile tatsächlich zerstört hat - aufgerieben zu werden, traf Darouish im Frühjahr 2015 die schwerste Entscheidung seines Lebens. Er verließ Familie und Freunde und machte sich frühmorgens auf den Weg nach Europa. Die Türkei, Griechenland, Mazedonien, Serbien, Ungarn und Österreich hießen die Stationen, die er mit verschiedenen Verkehrsmitteln, rund 180 Kilometer aber auch zu Fuß zurücklegte. Einen großen Nahrungs- und Hygienemangel, Anfeindungen und Diebstähle hat er dabei erlebt und erinnert sich bis heute nur ungern an diese Tortur: „Man findet kaum Worte dafür!“
   Sprachlos macht ihn auch die Bürokratie hierzulande. Das sei zwar „ein sehr kleines Problem“ verglichen mit dem Krieg in seinem Heimatland und seiner abenteuerlichen Flucht, doch er möchte endlich „ein normales Leben“ führen, wieder frei über seinen Wohnort entscheiden und vor allem einem Beruf nachgehen können, „am liebsten als Lehrer“. Stattdessen ist er seit Mitte August 2015 in unmittelbarer Nähe der Justizvollzugsanstalt Kislau in einem Containerzimmer untergebracht, das er sich bislang meist mit zwei fremden Männern teilen musste. „Privatsphäre kenne ich gar nicht mehr“, bedauert Darouish, der Menschen ansonsten keineswegs scheut. Fußball und Basketball spielt er leidenschaftlich gern, und er lässt es sich nicht nehmen, für Bewohner der Unterkunft oder seine deutschen Freunde regelmäßig syrische Spezialitäten zuzubereiten.

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   Kochen würde er liebend gerne auch für seine Familie, doch ob er diese jemals wieder sehen wird, ist fraglich. Sein 74 Jahre alter Vater ist in Syrien geblieben („Meine zerstörte Heimat“), und seine Mutter sowie sein älterer Bruder leben in den USA, deren Grenze seit dem von Präsident Donald Trump erlassenen Einreiseverbot für Inhaber eines syrischen Passes nur schwer zu überwinden scheint. Darouish nimmt die neuerliche Hiobsbotschaft mit Galgenhumor: „Offenbar muss ich wirklich noch sehr, sehr viel Geduld haben.“

 
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