Ein Meister auf den Korridoren des Humors

HBG Bruchsal trauert um ehemaligen Schülersprecher Boran Tanis

Karlsdorf-Neuthard/Bruchsal (Be). Die Schulgemeinschaft des Heisenberg-Gymnasiums Bruchsal trauert um Boran Tanis. Der 19-Jährige aus Karlsdorf, der im vergangenen Jahr sein Abitur machen und dann Medizin studieren wollte, erlag Anfang Februar einem Krebsleiden. Bis zur erschütternden Diagnose im März 2020 („Alveoläres Rhabdomyosarkom“) war Tanis Schülersprecher der UNESCO-Projektschule und zudem Dreh- und Angelpunkt des HBG-Sanitätsteams. Mit seinem unvergleichlichen Humor, seiner positiven Lebenseinstellung, seiner Herzlichkeit und Hilfsbereitschaft prägte er fast acht Jahre lang den Schulalltag am HBG maßgeblich mit. Der langjährige DLRG-Rettungsschwimmer war ein Vorbild für viele Schülerinnen und Schüler, jüngere wie ältere, und auch im Lehrerkollegium durch seine authentische Art äußerst beliebt. Umso größer ist die Lücke, die Boran Tanis hinterlässt.

Das HBG um Schulleiter Manuel Sexauer fühlt mit seinen Eltern Nesrin und Mehmet sowie mit seiner Schwester Yelsu, die der Schicksalsschlag inmitten ihrer Abiturvorbereitungen traf. Was Boran seiner Schule bedeutete, zeigen die große Solidaritätsaktion im Frühjahr („Du musst kämpfen, Boran!“) sowie folgender Text seines langjährigen (Klassen-)Lehrers Christoph Engelsberger, der mit ihm regelmäßig in Kontakt stand und ihn noch eine Woche vor seinem Tod zu Hause besuchte.

„2014 habe ich ihn kennengelernt. Er war vermutlich etwa zwölf Jahre alt.  Immer einer der besten Schüler. Klassensprecher. Einer, auf den ich mich verlassen konnte. Immer höflich, aber verschmitzt vorlaut und witzig - klug. Wenn es Probleme in der Klasse gab, die heikel waren, kam es vor, dass ich die Klasse in einen Raum setzte (so geschehen im Landheim auf einer Ritterburg in der siebten Klasse) und ihnen auftrug, das Problem ohne mich zu lösen, ohne dass jemand der Beteiligten sein Gesicht vor mir verlieren musste. Ich wusste: Er ist dabei, er würde für eine vernünftige Gesprächskultur sorgen. Er hat das Problem damals in der siebten Klasse, als ich ihn kennengelernt habe, gemeinsam mit der Klasse gelöst.

Er war immer dabei, wenn es darum ging, die Korridore des Humors abzuschreiten. Dabei haben wir uns lieben und schätzen gelernt. Er war für jeden Spaß zu haben, gab auch schon mal mit einem Augenzwinkern seine Handynummer an junge Studentinnen der PH, die ihre wissenschaftlichen Umfragen bei uns durchführten - so wie Jungen in der Mittelstufe eben sind und sein sollen…  Gleichzeitig war er jahrelang eine verlässliche Größe für Schüler und Lehrer, wenn es um die Tontechnik der Schule ging: „Kannst du heute Abend einspringen? Es kann sonst keiner ...“ - „Ja klar, wann soll ich da sein?“

Ich erinnere mich an einen Schüleraustausch in Dänemark, den ich als sein Klassenlehrer begleitete – ich drehte mit meiner Videokamera, um später einen Film für die Schülerinnen und Schüler zu machen. Er moderierte das große Fußballspiel zwischen den Dänen und den Deutschen. Legendär! Einige Eltern wollten das Video dann nicht an die Kinder verteilt wissen – Datenschutz. Als sie 18 waren, hat er sich dafür stark gemacht, dass dieses Video nachträglich doch noch geschnitten und gesehen wird. Zu Letzterem kam es dann (noch) nicht. Er zumindest hat es aber noch gesehen.

Später war er eine beruhigende Bank im Sanitätsdienst unserer Schule (Wie oft wurde sein Name durch die Sprechanlage ausgerufen, wenn jemand Hilfe brauchte?) – er wollte Arzt werden und ich hatte keinen Zweifel, dass er das machen würde und dass ich meine Gesundheit bedenkenlos in seine Hände legen würde.

In der Oberstufe saß er in meinem Geschichtskurs. Wir haben viel gelacht – ernannten ihn zum Patron unseres Kurses (entstanden aus einer Laune heraus) und begrüßten ihn zu Beginn jeder Stunde mit einem großen, fröhlichen Applaus. Es war jedes Mal ein heiterer Moment – er wusste damit umzugehen. Zuletzt verkehrte sich dieses ursprünglich lustige Spiel in bitteren Ernst, mussten wir den Gruß doch mit Tränen in den Augen digital ins Krankenhaus schicken – wir wollten ihm zeigen, dass wir an ihn denken. Es hat mich zu Tränen gerührt, als plötzlich Schüler bis in die neunte Klasse hinunter aus Solidarität kahlrasiert im Unterricht saßen, als er die Haare verlor.

Ich staunte, mit wie viel positiver Energie und Hartnäckigkeit er der Krankheit die Stirn bot. Er kämpfte sich zurück – hoffnungsvolle Prognosen an Weihnachten. Er in erster Linie ob meiner Corona-Erkrankung besorgt. Immer wieder die Nachfrage: „Wie geht es Ihnen?“, „Wie geht es Ihren Kindern?“, „Haben Sie Langzeitfolgen?“. Wir freuten uns beide auf seine Rückkehr in die Schule, vielleicht sogar in meinen Kurs: „Dann wird’s lustig!“ – „Und wie!“, schrieben wir uns…

Dann die niederschmetternde letzte Diagnose. Ich habe ihn zuhause besuchen dürfen – kein Hauch von Hadern. So sei es nun mal… Ich hatte mich auf einen schwermütigen letzten Besuch eingestellt. Stattdessen fand ich mich in einer wunderbar warmen, herzlichen Familienmitte wieder. Er besorgt, ob der Kaffee auch gut sei und ob er beim nächsten Besuch etwas anders machen solle. Wir haben eine Stunde lang geredet und gelacht, den nächsten Besuch geplant, zu dem es nicht kam. Ich war da schon lange kein Lehrer mehr – nur noch Mensch. Ich habe ihn sehr gemocht. Nun ist er gestorben. Die Welt hat eine große Chance verloren…“

d
Foto: privat

 
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