Lehrer setzen Schüler nachts im Wald aus

Ettlingen (Mu/Za).

Es ist ein Albtraum: Man wird verstoßen, nachts mitten im Wald ausgesetzt, sich selbst und seinem Schicksal überlassen, Hänsel und Gretel lassen grüßen.
Im letzten Schuljahr hatte die jetzige 8e zu diesem Thema ein Theaterstück geschrieben und aufgeführt. Far away: Fiese Lehrer lassen auf der Fahrt ins Landschulheim ihre Klasse in einem Wald voller Gefahren zurück, ein harter Kampf ums Überleben beginnt.
In diesem Schuljahr wurde dieser „Albtraum“ für die Klasse wahr. Wir haben es tatsächlich getan! Wir haben die Schüler nachts mitten im Wald ausgesetzt und ihnen nicht einmal verraten, wo. Bei anbrechender Dunkelheit wurden die drei Gruppen mit verbundenen Augen an zuvor bestimmte Orte im Wald gefahren. Dort wurden ihnen ein Kompass und Karten ausgeteilt, auf denen der Zielort vermerkt war, nicht aber der Ausgangspunkt. Sie wussten lediglich, dass sie sich ca. fünf Kilometer Luftlinie vom Ziel entfernt befinden. Die erste Herausforderung war es also, zunächst einmal herauszufinden, wo man sich befindet. Die zweite, mit Hilfe von Kompass und Karte das Ziel zu finden.
Das klingt verrückt, vielleicht auch unverantwortlich und es stellt sich die Frage: „Warum in aller Welt macht man so was?“
Ja, in unserer heutigen Gesellschaft mag das verrückt erscheinen, aber wenn man sich die verschiedensten Kulturen dieser Erde anschaut, so findet man eine große Gemeinsamkeit: In vielen von ihnen werden Jugendliche aus der Gesellschaft verwiesen, um sich auf sich allein gestellt zu bewähren, bevor sie dann feierlich erneut in die Gesellschaft aufgenommen werden. Sie werden als Kind entlassen und als junger Erwachsener wieder empfangen. Den Jugendlichen soll damit bewusst werden, dass sie nun ein vollwertiges Mitglied der Gesellschaft sind, mit Rechten, Pflichten und Verantwortung. Und wichtig ist auch, dass die Eltern erkennen, dass ihr Kind nun groß ist, dass sie loslassen dürfen (und müssen). Wir haben mit dieser Aktion einen Weg gesucht, einen solchen Ritus auf unsere Gesellschaft zu übertragen.  
Und ist das unverantwortlich? Wir denken nicht! Denn die Schüler wurden vorher im Unterricht vorbereitet. Zudem war jede der drei Gruppen mit einem versiegelten Notfallhandy ausgestattet und wir Lehrer haben per GPS die jeweiligen Live-Standorte der Gruppen verfolgt.
Die erste Gruppe kam kurz nach zwei Uhr nachts ans Ziel, die letzte eine Stunde später. Wie die Schüler diese Nacht empfunden haben, haben sie wie folgt selbst formuliert:
Mich hat es überrascht, wie gut die Zusammenarbeit war und die Atmosphäre zwischen Leuten, die sich sonst nicht so gut verstehen. Ich fand es gut, dass man sich in der Gruppe unterstützt und motiviert hat. Man merkte sofort, als die Autos wegfuhren, wie eine gewisse Spannung entstand. Überraschend fand ich, wie plötzlich jede Person in der Gruppe ihr Rolle bekommen hat. Es war ziemlich schwer, den Standort rauszubekommen, da keine Schilder bis Völkersbach vorhanden waren oder wir sie einfach nicht gesehen haben. Ich fand es eine schöne Erfahrung, auch das Zusammensitzen am Feuer in der Nacht und das gemeinsame Frühstück. (Jakob S.)
Ich habe die Vorbereitung interessant gefunden und könnte mich jetzt nachts alleine im Wald orientieren. (Max)
Ich hatte am Anfang sehr viel Respekt vor der Nachtwanderung. Aber mit der Gruppe bin ich wirklich gut ausgekommen und hatte viel Spaß. Meine Gruppe hat sehr gut zusammengearbeitet. Wir haben aufeinander gewartet und alle hatten etwas zu der Orientierung beigetragen. Mir hat es sehr viel Spaß gemacht und es war auf jeden Fall eine großartige Erfahrung. (Johanna)
Die Nachtorientierung war eine große Herausforderung, aber mit der Hilfe meiner Gruppe hat es gut geklappt. Die Erfahrung, ohne große Hilfe im Wald zu sein, war zum einen erschreckend, aber auch spannend. (Linus)
Ich fand es toll, wir haben was gelernt und es hat Spaß gemacht. Ich würde es auf jeden Fall nochmal machen. (Tamina)
Mir persönlich hat der Nachorientierungslauf sehr gut gefallen. Ich hatte davor einige Bedenken, wie es sein würde, in der kompletten Dunkelheit durch den Wald zu laufen. Auch kam es darauf an, wie man sich in der Gruppe verhalten hat. Denn man konnte diese Aufgabe und Herausforderung nur zusammen lösen. Man musste sich oftmals absprechen und Kompromisse finden.
Dennoch war es extrem lustig, da man auch mit Personen, mit denen man außerhalb der Schule nicht so viel zu tun hatte, ins Gespräch gekommen ist und etwas mehr übereinander erfahren hat. Wo Stärken und Schwächen, abgesehen vom Unterricht, liegen. Auch über Ängste konnte man im Dunkeln irgendwie leichter reden.
In meiner Gruppe hat die Zusammenarbeit sehr gut geklappt, wir kannten uns eigentlich schon sehr gut, jedoch kann man immer noch etwas über Personen erfahren. Das einzige Problem bei uns war, dass die ersten 500 Meter bei uns kein Wegweiser war und wir somit an Kreuzungen auszählen mussten, wohin wir gehen. Das war mal wieder eine grandiose Idee, Dankeschön für alles. ;-)
(Anna)
Die Nachtwanderung war vom Anfang bis zum Ende eine große Herausforderung für mich, jedoch legte sich die Nervosität im Laufe der Wanderung, da alles problemlos innerhalb der Gruppe funktioniert hat. Auch am Ziel auf der Wiese war es genial, ob schlafen, reden oder Essen, alles war ein riesen Erlebnis. (Lara K.)

Und wie war es für uns Lehrer? Auch für uns war die ganze Aktion ein großes Abenteuer. Die Stunde, in der die Gruppen ins Ziel kamen, am Lagerfeuer saßen und erzählten, wird vielleicht die Schönste von diesem Schuljahr sein. Wir sind stolz auf die Klasse und danken Schülern und Eltern für das uns entgegengebrachte Vertrauen.
nachtorientierung

 
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