Frei am Strand der Edelsteine

Achtklässlerin gewinnt Schreibwettbewerb am HBG Bruchsal

Bruchsal (Bn/Be). In 90 Minuten eine Erzählung zu schreiben, die zu einem vorgelegten Bild passt und zugleich interessant, aber auch sprachlich überzeugend sein soll: kein leichtes Unterfangen! Dennoch schafften es alle zwölf aufgrund ihres Schreibtalents von ihren Deutschlehrkräften ausgewählten Schülerinnen und Schüler aus den Klassen sechs bis acht des Heisenberg-Gymnasiums Bruchsal, spannende, mitreißende und berührende Texte zu dem Gemälde "Flucht vor der Kritik" von Pere Borrell del Caso zu verfassen. Besonders begeisterte die Jury, die sich aus mehreren Lehrkräften und der Schulleitung zusammensetzte, die Erzählung „Das Bild der schönen Dinge“ von Mara Steinbusch, Klasse 8d. Die Siegerin des Schreibwettbewerbs konnte sich am Schuljahresende über einen Sachpreis freuen und wird gewiss im kommenden Schuljahr im Schreibwettbewerb der höheren Klassen wieder ihre Kreativität und ihr sprachliches Geschick unter Beweis stellen.

Das Bild der schönen Dinge
(Von Mara Steinbusch)

Wieder ließ Thomas den nassen Besen auf das alte Holz fallen. Seit Monaten tat der Junge nur dieselbe Sache. Er schrubbte von morgens bis abends das dunkle Holz der „Schwalbe“. Sie war ein Schiff, dessen Kapitän ihn vor kurzer Zeit aus seiner Heimat gezerrt und den Jungen auf das Schiff verfrachtet hatte. Seit diesem Tage war sein Leben so monoton, wie es nur sein konnte. Zu essen bekam er einzig ein paar wenige Stücke Brot.
Trotz allem gab es einen Lichtblick. Thomas hatte in der Zeit auf dem großen Holzbau andere kennen gelernt, mit denen er sich gut verstand. Einer von den Jungen hieß Mìm. Er war ein kleiner Kerl mit großen braunen Augen, und Thomas verstand sich auf Anhieb gut mit ihm.
Es gab noch wenige andere Kinder, die er kennen lernte. Zum Beispiel George und Bernd. Auf George war Thomas jedoch nicht so gut zu sprechen, was daran lag, dass der Junge ihn immerzu verhöhnte und sich über ihn lustig machte.
Eine starke Stimme schreckte Thomas aus seinen Gedanken.
„Auf Jungs, unter Deck!“
Ohne Widerreden gingen die Kinder nun, wie es ihnen befohlen wurde, unter Deck. Auch Thomas, welcher sich mit schmerzenden Knochen die Treppe hinunterstürzte, seine Gedanken an seine Hängematte gerichtet.
Doch gerade als der Junge in einen Gang abbiegen wollte, blieb er stehen.
Er hörte Stimmen.
Liebliche Klänge, die ihn zu rufen schienen.
Der Junge ging nach kurzem Zögern in Richtung der Geräusche, die ihn zu verzaubern schienen. Taumelnd, ohne zu merken, was er eigentlich tat und wo es entlangging. Schließlich betrat der Junge eine enge Kammer. Er schaute sich um, betrachtete sein Ziel. Sich wundernd, warum er nun hier war.
Thomas wollte gerade gehen, da fiel sein Blick auf etwas Großes, mit einem Tuch Verhülltes. Vorsichtig schlich er zu dem Gegenstand. Er wusste nicht, warum er dies tat, doch irgendetwas gab ihm das Gefühl, der Gegenstand wäre wichtig. Er war gerade angekommen und umfasste langsam das dünne Tuch, welches seine Sicht auf den darunter liegenden Gegenstand versperrte.
Thomas zog an dem Stoff.
Unter diesem fand er ein wunderschönes Gemälde. Blumen waren überall und ein weiter Strand, dessen Sand wie Edelsteine glitzerte.
Während er das Gemälde betrachtete, wurde dem Jungen im Unterbewusstsein jedoch eins klar: Die Wärter mussten inzwischen gemerkt haben, dass er fehlte.
Es waren bereits Minuten vergangen und Thomas wusste immer noch nicht, wie er zurück zu den anderen fand.
„Mist! Wenn sie mich finden, dann bringen sie mich um!“, fluchte er laut.
Thomas’ Hände verkrampften sich und er warf den nächsten Gegenstand, den er finden konnte – in diesem Falle einen kleinen Eimer – auf das Gemälde.
Wieso war er nur der Stimme gefolgt?! Oder vielleicht gab es keine Stimme und sein eintöniges Leben an Bord der „Schwalbe“ hatte ihn verrückt werden lassen?
Thomas wollte seinen wüsten Gedanken schon weiterführen, als sein Blick auf das Gemälde glitt.
Er sah noch einen Rest des Eimers, welcher letztendlich in der Landschaft verschwand.
Ohne darüber nachzudenken, stürzte der Junge zu dem Bild und streckte seine Hand durch die Oberfläche. Sie verschwand.
Wenn es wirklich das war, was Thomas dachte, so konnten er und sein Freund Mìm entfliehen! Entfliehen aus diesem Sklavenboot und frei sein!
Er wusste, er musste so schnell wie möglich zu seinem Freund und ihm von seiner Entdeckung erzählen. Also stürzte Thomas los. Er rannte und versuchte seinen Weg zurück zu finden. Was der Junge nicht wusste, war, dass er die gesamte Zeit über von einem der vielen zusätzlichen Augenpaare des Kapitäns beobachtet wurde, und somit auch der Kapitän sofort von Thomas’ Entdeckung und seinem Vorhaben erfuhr.
Nur kurze Zeit später fand der Junge seinen Freund, und erzählte ihm, was er in der dunklen Kammer gefunden hatte. Also machten sich die vor Freude zitternden Kinder auf den Weg zu dem magischen Gemälde.
Sie schlichen vorsichtig durch die Gänge, als die beiden plötzlich das Knarren einer Holzdiele hörten. Erschrocken erstarrten die Kinder, und ihnen wurde klar, sie waren nicht alleine.
Langsam hörten sie Schritte näher kommen. Schwerfällige, langsame Schritte.
Wie vom Blitz getroffen rannten sie los, denn sie spürten, dass die Person ihnen nicht helfen würde.
Sie waren fast an ihrem Ziel angekommen, als hinter ihnen etwas geschrieen wurde.
„Halt!“, kam es von einer rauen, bedrohlichen Stimme, die ihnen eine Gänsehaut verursachte.
Mit bebenden Körpern drehten die Kinder sich um.
Hinter ihnen stand ein muskulös gebauter Mann. Ein Späher des Kapitäns. In seiner Hand hielt er ein langes Messer und sein Blick durchbohrte die beiden förmlich.
Er kam immer näher und näher, im Begriff auf Mìm und Thomas loszugehen.
Die Kinder konnten sich nicht bewegen, als der Mann noch mehr Schritte auf sie zuging.
Die Luft knisterte gefährlich, unnatürlich und die Spannung schien ihre Nerven zu zerreißen.
Kurze Momente der Stille, die Thomas wie eine Ewigkeit vorkamen.
Eine nicht zu vergehen wollende Ewigkeit.
Auf einmal, Thomas konnte keine der Bewegungen wahrnehmen, so schnell waren sie, schnappte sich sein Freund etwas, das neben ihm lag und warf es auf den furchteinflößenden Mann.
Dann rannten sie los. Sie rannten so schnell sie nur konnten. Immer schneller und schneller.
Sie hatten das Gemälde fast erreicht.
Dann war es soweit.
Mìm sprang durch die schöne Landschaft und war verschwunden. Thomas jedoch zögerte für einen kurzen Moment.
Sollte er dies wirklich tun?
In den nächsten Sekunden schoss der Mann um die Ecke und alleine diese Bewegung beantwortete seine Frage.
Der Junge sprang durch das Gemälde, während er noch einen letzten wütenden Schrei hörte. Dann war er auf der anderen Seite angekommen.
Er blickte sich um und sah seinen Freund Mìm glücklich winken.
Mit einem Mal verspürte Thomas nicht mehr das ständige Schaukeln des Schiffes, welches mit ihm in seinem Inneren nun schon seit Jahren die großen Weiten des Ozeans befuhr.
Er sah keine Wärter, die ständig ein Auge auf sie warfen, während sie gezwungen waren unter dem großen Schatten des Schiffmastes das Deck zu schrubben.
Im Gegenteil.
Er sah Gras, Blumen, er sah Meer, einen Strand, der aussah wie aus Edelsteinen, hörte Vögel zwitschern.
Er sah Licht.
Von diesem Moment an wusste Thomas, sie waren frei.

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